Alt - das Bier vom Niederrhein
Wer in Düsseldorf oder am Niederrhein unterwegs ist, der darf den Besuch einer typischen Altbier-Gaststätte nicht versäumen. Hier trifft sich ein buntes Völkchen, um „sein“ Altbier zu trinken: Ob Maßanzug oder Jeans, Studenten oder Pensionäre, Touristen oder Alteingesessene – Gegensätze ziehen sich in den Altbierkneipen einfach an. Und „alt“ bezieht sich hier nur auf das Brauverfahren, nicht aber auf die Konsumenten!
Alt ist eine regionale Spezialität, die einen Anteil von etwa zehn Prozent an den in Nordrhein-Westfalen gebrauten Bieren hat. In Deutschlands bevölkerungsreichstem Bundesland stellen rund ein Dutzend Brauereien Altbier her und bringen es zusammen auf einen jährlichen Ausstoß von 3,5 Millionen Hektolitern. Altbier hat seine Heimat im Regierungsbezirk Düsseldorf, einem Gebiet, das im Westen und Norden bis zur holländischen Grenze reicht. Im Süden ist dann bei Leverkusen Schluss, ab da beginnt die Herrschaft des Kölsch.
Alt wird zwar auch in anderen deutschen Regionen, zum Beispiel im Münsterland, gebraut. Aber für die meisten Menschen des Regierungsbezirks Düsseldorf muss Alt aus den Sudkesseln der Landeshauptstadt oder vom Niederrhein kommen. Dort wird ein Großteil des Ausstoßes produziert – und von dort aus fließt ein Teil auch in andere deutsche Gebiete. Altbier ist auch in Metropolen wie Berlin oder Frankfurt zu haben und ist dort eine willkommene und köstliche Abwechslung für die Einheimischen – oder ein leckerer Gruß aus der Heimat für „Exil-Düsseldorfer”.

Gebraut nach alter Tradition
Altbier ist keineswegs alt, nur älter als viele andere Biere, wenn man das Brauverfahren betrachtet. Es stammt aus der Zeit, als es noch keine technischen Kühlverfahren gab und zur Herstellung von Bier fast überall in Deutschland obergärige Hefe verwendet wurde. Sie benötigt für die Umwandlung des Malzzuckers in Alkohol Temperaturen von 15 bis 20 Grad Celsius, stieg in den früher meist verwendeten offenen Gärbottichen nach dem Gärprozess an die Oberfläche des frischgebrauten Bieres und konnte dann dort abgeschöpft werden. Damit war es auch während der warmen Jahreszeiten möglich, ein gutes Bier zu brauen. Untergärige Hefe, die zum Beispiel für das Brauen von Pils oder Export eingesetzt wird, braucht Temperaturen von vier bis neun Grad Celsius. Sie setzt sich nach der Gärung unten am Boden ab. Dieser Brauprozess verlangt eine stetige Kühlung, und die wurde allgemein erst nach Erfindung der Kältemaschine durch Carl von Linde im Jahre 1873 möglich.
Die Brauer aus Düsseldorf und vom Niederrhein haben über die Jahrhunderte ein erstklassiges obergäriges Bier entwickelt: Grund genug, dem traditionellen Brauverfahren bis heute treu zu bleiben. Und die Liebhaber des bernsteinfarbenen Bieres von Rhein und Niederrhein danken es ihren Brauern mit einer leidenschaftlichen und oft sogar lokalpatriotischen Bindung an „ihr“ Altbier. Altbier ist an der längsten Theke der Welt in Düsseldorf und am Niederrhein ein Stück gelebter – und gern getrunkener – Identität!
Alt ist ein klassisches Vollbier. Es wird mit einer Stammwürze von durchschnittlich 11,5 Prozent gebraut und hat einen Alkoholgehalt von etwa 4,8 Prozent. Doch natürlich haben die Altbier-Brauer auch ein offenes Ohr für die Wünsche der Verbraucher von heute: Wer zum Beispiel wegen einer bevorstehenden Autofahrt auf Promille verzichten möchte, kann zum alkoholfreien oder „leichten”, dem kalorien- und alkoholreduzierten Alt greifen.

Ausdruck rheinischer Lebensart – nicht nur am Rhein
Alt hat einen erfrischend herben Geschmack, der sich bei einer Temperatur zwischen acht und zehn Grad am besten entfaltet. In ganz Deutschland wird Altbier mittlerweile von Bierkennern geschätzt, auch wenn dieses bernsteinfarbene Bier besonders gern in einer der urigen Düsseldorfer Gaststätten oder in den rustikalen Landgasthöfen der Umgebung getrunken wird.
Dort zapfen die Wirte das Bier ohne zusätzlichen Kohlensäuredruck direkt aus dem Stichfass auf der Theke. Der Fassbieranteil vieler Altbierbrauereien ist deshalb relativ hoch, er liegt bei einigen Marken bei mehr als 60 Prozent. Oft sind es handliche 20-Liter-Fässer, die mit einem speziellen Aufzug aus dem kühlen Bierkeller direkt auf den Tresen kommen – und dort mit dem schweren Zapfhahn aus Messing angeschlagen werden.
Das Altbier wird meist in einem zylindrischen 0,2-Liter-Glas oder in einem Altbier-pokal serviert. Da Alt ausgesprochen süffig ist, hat der Wirt alle Hände voll zu tun, die schnell geleerten Gläser nachzufüllen. In Altbierkneipen herrscht eine fröhliche Ausgelassenheit, die dem lebenslustigen rheinischen Temperament entspricht – und bei der sich auch Gäste aus aller Welt wohlfühlen. Das dunkle Obergärige gehört zu dieser fröhlichen und unbeschwerten Lebensart der Region einfach dazu!


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