Fulminantes Finale der Beck’s Gold Ruhrnächte: 2.500 Fans rocken die Duisburger Kraftzentrale – großes Staraufgebot sorgt für Ausnahmenzustand im Pott.

Duisburg, am Samstagabend kurz vor 21.00 Uhr: Ein mächtiges Grollen erschüttert die Gegend rund um den Landschaftspark Nord, Menschenmassen drängen sich vor der Kraftzentrale und strahlen mit der farbenprächtigen Illumination der Umgebung um die Wette. Alle Anzeichen sprechen dafür: Es muss ein ganz besonderer Abend sein, hier im Ruhrgebiet.

www.beckundco.deUnd der Schein trügt nicht. Drinnen, in der alten Industriehalle haben soeben Jennifer Rostock die Bühne betreten und schicken sich an zu beweisen, dass Punk weder tot noch langweilig geworden ist, sondern durch die Wahl-Berliner eine ebenso charmante wie energische Frischzellenkur erfahren hat. Sängerin Jennifer Weist wirbelt über die Bühne, dass selbst die obligatorischen Skeptiker in der letzten Reihe anfangen, mit den Armen expressionistische Formen in die Luft zu zeichnen. Sie werden uns im Laufe des Abends noch öfter begegnen. Bei der folgenden Band wird sich ihr Malstil nämlich diametral zur Kunstgeschichte vom Kubismus in Richtung Impressionismus entwickeln.

Das ist bei einer Band wie Tomte auch kein großes Wunder. Schließlich stehen die Hamburger um Sänger Thees Uhlmann für die feinen Zwischentöne. Kaum auf der Bühne, begeistern die fünf Indie-Helden nicht nur unsere Luftmaler, sondern auch die anderen Besucher, die sich in der Kraftzentrale längst warmgerockt haben. Ihr feines Songwriting aus entrückt-versponnenen Melodien und epischen Texten vermittelt dem Publikum von Beginn an ein Gefühl von Vertrautheit, von verstanden werden, von Nähe und einem ganz großen, kaum greifbaren Zauber.

Ein Zauberer ganz anderer Art ist hingegen Mike Skinner. Unsere malerischen Freunde in Reihe 54 sind offensichtlich davon überzeugt, dass der Engländer mit seiner Band The Streets dem Kubismus zuzuordnen ist. Ihre Arme zeichnen Rechtecke, Linien und Kanten in die Luft, wie es Georges Braque vor ziemlich genau 100 Jahren nicht hätte besser machen können. Der Rest des begeisterten Publikums hält es da eher mit der einfachen Malerei: Arme hoch, Arme runter, analog zur Kopfbewegung. The Streets machen schließlich HipHop, und das ganz ohne falsche Ghetto-Attitüde. Fein ausgearbeitete Soundscapes, stakkatoartig vorgetragene Geschichten voller fatalistischer Schönheit und eine fantastische Bühnenshow ziehen die 2.500 Fans sofort in ihren Bann und lassen sie für einen Abend vergessen, dass es so etwas wie einen Alltag gibt, der schon morgen wieder auf sie wartet.

Alles andere als alltäglich ist auch das nach The Streets folgende DJ-Programm der letzten Beck’s Gold Ruhrnacht. Arnim und Totze von den Beatsteaks an den Turntables, gefolgt von Ex-Deichkind-Mastermind Buddy Buxbaum und DJ Luke von Seeed – eine Konstellation, die die Welt so noch nie gesehen und gehört hat. Und eine mit Folgen: Vergessen sind nämlich Kubismus, Botschaften und die Kunst. Vorbei die Zeit der Luftmalerei, jetzt sind die Beine dran.

Die Skeptiker von vorhin haben ihre Zurückhaltung längst aufgegeben, sind inzwischen von Reihe 54 in Reihe 5 vorgerückt und merken, dass sie auch Füße haben, um ihren Gefühlen Ausdruck zu verleihen. Auch alle anderen haben jetzt nur eines im Sinn: Tanzen bis die Sohlen schmerzen. Arnim, Totze, Buddy Buxbaum und DJ Luke zelebrieren nämlich gerade ihre Auffassung interdisziplinärer Musik. Missy Ellitott, Rage Against The Machine, Amy Winehouse, Wham - sie mischten scheinbar Unverträgliches zu einem wahren Feuerwerk aus Schall und Rauch und schrecken auch nicht davor zurück, Independent-Hits ineinander zu scratchen.

Nun kocht der Pott nicht nur, der Kessel tanzt. HipHopper, Indie-Mädchen und Freunde der fragilen Gitarrenkunst vereinigen sich zu einer schwitzenden Masse ausgelassener, feierwütiger Crossover-Verfechter und machen die Beck’s Gold Ruhrnacht in Duisburg so zu einem großen Fest voller strahlender Gesichter.

Insgesamt besuchten rund 5.000 Fans die drei Beck’s Gold Ruhrnächte in Hattingen, Essen und Duisburg. Beck’s erweiterte damit sein Musikengagement um ein weiteres Highlight.

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